Die Verwaltung steht vor beispiellosen Herausforderungen: Digitalisierung, Klimakrise, demografischer Wandel und globale Unsicherheiten erfordern nicht nur strukturelle Anpassungen, sondern vor allem neue Kompetenzen – sogenannte Digital Future Skills. Diese Fähigkeiten gehen weit über die reine Anwendung von Technologie hinaus und umfassen eine Kombination aus technischem Know-how, adaptiven Denkweisen und ethischem Verantwortungsbewusstsein.
Was sind Digital Future Skills?
Digital Future Skills lassen sich in drei zentrale Kategorien einteilen:
- Technologische Kompetenzen:
- Beherrschung von Datenanalyse, Programmierung und Cloud-Computing (Brynjolfsson & McAfee, 2014).
- Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) und Automatisierung (Russell & Norvig, 2020).
- Cybersecurity-Kompetenzen zur Sicherung sensibler Daten (von Solms & van Niekerk, 2013).
- Kognitive und soziale Kompetenzen:
- Kritisches Denken und Problemlösung in komplexen Umfeldern (Facione, 2011).
- Kreativität und Innovationsfähigkeit (Amabile, 1996).
- Empathie und kommunikative Stärken, besonders im Umgang mit verschiedenen Stakeholdern (Goleman, 1995).
- Transformationale Kompetenzen:
- Fähigkeit zur Führung in dynamischen und unsicheren Zeiten (Heifetz & Linsky, 2002).
- Umgang mit agilem Projektmanagement und interdisziplinärer Zusammenarbeit (Schwaber & Sutherland, 2020).
- Ethische und rechtliche Reflexion digitaler Technologien (Floridi, 2016).
Warum sind diese Skills entscheidend für die Verwaltung?
Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist kein Selbstzweck, sondern der Schlüssel zur Steigerung von Effizienz, Transparenz und Bürgerorientierung (Mergel et al., 2019). Ohne die notwendigen Kompetenzen drohen jedoch Innovationsprojekte zu scheitern, etwa durch Überforderung der Mitarbeitenden oder mangelnde Akzeptanz neuer Technologien.
Ein Beispiel: Die Nutzung von KI zur Prozessautomatisierung könnte Verwaltungsverfahren erheblich beschleunigen. Ohne ein tiefes Verständnis für die zugrunde liegenden Algorithmen und ihre potenziellen Verzerrungen (Biases) wäre jedoch das Risiko hoch, dass solche Systeme ineffizient oder gar diskriminierend wirken (O'Neil, 2016).
Darüber hinaus spielt die Bürgerakzeptanz eine wichtige Rolle. Verwaltungen, die technologische Transformationen ohne eine transparente Kommunikation umsetzen, riskieren das Vertrauen der Öffentlichkeit zu verlieren. Studien zeigen, dass partizipative Ansätze in der Digitalisierung positive Effekte auf die Akzeptanz haben (Chadwick, 2011).
Ansatz zur Implementierung von Future Skills in der Verwaltung
Die Implementierung von Digital Future Skills erfordert einen systematischen Ansatz:
- Bedarfserhebung und Analyse:
- Eine umfassende Kompetenzanalyse sollte ermitteln, welche Fähigkeiten in der jeweiligen Verwaltungseinheit bereits vorhanden sind und welche Lücken bestehen (Spencer & Spencer, 1993).
- Hierbei können Instrumente wie Kompetenzframeworks und digitale Self-Assessments helfen, Mitarbeitende aktiv einzubeziehen.
- Modulares Weiterbildungsprogramm:
- Basierend auf der Analyse könnte ein Weiterbildungsprogramm entwickelt werden, das aus drei Modulen besteht:
- Grundlagenmodul: Einführung in digitale Tools, Datenschutz und Cybersecurity (Kirkpatrick, 1994).
- Vertiefungsmodul: Schulung in spezialisierter Software, KI-Anwendungen und agilem Management (Schwaber & Sutherland, 2020).
- Praxisorientiertes Modul: Projektarbeit mit realen Problemstellungen, begleitet von Mentoren aus Wissenschaft und Wirtschaft (Kolb, 1984).
- Basierend auf der Analyse könnte ein Weiterbildungsprogramm entwickelt werden, das aus drei Modulen besteht:
- Schaffung einer Innovationskultur:
- Führungskräfte müssen als Vorbilder für digitalen Wandel auftreten und Innovationskultur aktiv fördern (Schein, 2010).
- Die Verwaltung sollte geschützte Räume für Experimente schaffen, wie Innovation Labs oder GovTech-Partnerschaften (Mergel et al., 2019).
- Integration in den Arbeitsalltag:
- Digitale Kompetenzen dürfen nicht isoliert vermittelt werden. Vielmehr sollten Lerninhalte in den Arbeitsalltag integriert und durch konkrete Projekte angewendet werden. Tools wie digitale Zwillinge oder Simulationssoftware könnten hierbei unterstützen.
- Evaluation und Weiterentwicklung:
- Regelmäßige Evaluationen der Programme und Feedback-Schleifen sichern deren Effektivität (Patton, 1997).
Ein konkretes Beispiel: Die Scheer School of Saarland University als Partner für Future Skills
Die Scheer School bietet mit ihren Zertifikatsprogrammen eine Antwort auf die Herausforderungen der digitalen Transformation. Die Programme kombinieren prägnante Self-Learning-Inhalte mit interaktiven Präsenzterminen, die von führenden Experten aus Wissenschaft und Praxis geleitet werden.
Ein zentrales Element ist die Praxisorientierung: Teilnehmer arbeiten an realen Projekten, die von innovativen Ansätzen wie agiler Methodik oder Design Thinking geprägt sind. Darüber hinaus bietet die Scheer School eine Plattform für den interdisziplinären Austausch und verknüpft Theorie mit konkreter Umsetzung in der Verwaltung.
Fazit: Ein klarer Auftrag an die Verwaltung
Die Digitalisierung ist nicht allein eine technische, sondern vor allem eine kulturelle Herausforderung. Digital Future Skills bilden die Grundlage, um Verwaltung nicht nur effizienter, sondern auch bürgerfreundlicher und zukunftsfähiger zu gestalten. Organisationen wie die Scheer School zeigen, wie solche Kompetenzen strukturiert entwickelt und nachhaltig in den Arbeitsalltag integriert werden können. Es liegt an uns allen, diese Transformation mutig zu gestalten und die Verwaltung fit für die Herausforderungen von morgen zu machen.
Literaturverzeichnis
- Amabile, T. M. (1996). Creativity in Context. Boulder, CO: Westview Press.
- Brynjolfsson, E., & McAfee, A. (2014). The Second Machine Age: Work, Progress, and Prosperity in a Time of Brilliant Technologies. W. W. Norton & Company.
- Chadwick, A. (2011). Explaining the Failure of an Online Citizen Engagement Initiative: The Role of Internal Institutional Variables. Government Information Quarterly, 28(1), 17-26.
- Facione, P. A. (2011). Critical Thinking: What It Is and Why It Counts. Insight Assessment.
- Floridi, L. (2016). The Ethics of Information. Oxford University Press.
- Goleman, D. (1995). Emotional Intelligence: Why It Can Matter More Than IQ. Bantam Books.
- Heifetz, R., & Linsky, M. (2002). Leadership on the Line: Staying Alive Through the Dangers of Leading. Harvard Business Review Press.
- Kirkpatrick, D. L. (1994). Evaluating Training Programs: The Four Levels. Berrett-Koehler.
- Kolb, D. A. (1984). Experiential Learning: Experience as the Source of Learning and Development. Prentice Hall.
- Mergel, I., Edelmann, N., & Haug, N. (2019). Defining Digital Transformation: Results from Expert Interviews. Government Information Quarterly, 36(4), 101385.
- O'Neil, C. (2016). Weapons of Math Destruction: How Big Data Increases Inequality and Threatens Democracy. Crown.
- Russell, S., & Norvig, P. (2020). Artificial Intelligence: A Modern Approach. Pearson.
- Schein, E. H. (2010). Organizational Culture and Leadership. Jossey-Bass.
- Schwaber, K., & Sutherland, J. (2020). The Scrum Guide.
- Spencer, L. M., & Spencer, S. M. (1993). Competence at Work: Models for Superior Performance. Wiley.
- von Solms, R., & van Niekerk, J. (2013). From Information Security to Cybersecurity. Computers & Security, 38, 97-102.